Das Europäische Parlament hat heute für eine weitreichende Abschwächung des EU-Lieferkettengesetzes gestimmt. Das entwicklungspolitische Institut SÜDWIND e.V. stuft diese Entscheidung als einen gravierenden Rückschritt für den Schutz von Menschenrechten in globalen Lieferketten ein.
“Die viel beschworene Brandmauer zerbröselt vor unser aller Augen”, warnt SÜDWIND-Mitarbeiter Friedel Hütz-Adams. “Die Europäische Volkspartei (EVP) hat sich erneut auf eine Linie mit den Rechtsradikalen begeben – dieses Mal, um das EU-Lieferkettengesetz entscheidend zu verwässern.” Bereits im vergangenen Jahr hatten konservative und rechte Fraktionen im Europäischen Parlament gemeinsam versucht, die Entwaldungsverordnung der EU zu schwächen. “Es ist also nicht das erste Mal, dass sich ein solches Bündnis zusammenfindet”, so Hütz-Adams. “Doch dieses Mal geht es um das Herzstück europäischer Verantwortung für Menschenrechte und nachhaltiges Wirtschaften.”
Menschenrechte geraten ins Hintertreffen
Das EU-Lieferkettengesetz – ebenso wie das deutsche Pendant – sollte ursprünglich sicherstellen, dass Unternehmen entlang ihrer Lieferketten Menschenrechte achten und Umweltstandards einhalten. Doch nun drohen zentrale Bestandteile des Gesetzes gestrichen zu werden.
“Statt über den Schutz von Arbeiterinnen und Arbeitern zu sprechen, wird die Debatte schon seit Längerem von Schlagworten wie Bürokratieabbau und Wettbewerbsfähigkeit beherrscht”, kritisiert Hütz-Adams. “Das ist fatal – gerade jetzt, wo erste Studien belegen, dass die Lieferkettengesetze positive Effekte zeigen. Beschäftigte in Produktionsländern berichten von konkreten Verbesserungen. Diese Fortschritte drohen nun zunichtegemacht zu werden.”
Nach dem heutigen Beschluss sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten unter die Vorgaben der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) fallen. “Für große Teile der Wirtschaft gilt also weiterhin Business as usual. Die Menschenrechte bleiben auf der Strecke”, so Hütz-Adams.
Bruch mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Besonders kritisch sieht SÜDWIND den Bruch mit internationalen Standards: “Die Beschlüsse stellen eine klare Abkehr von den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte dar”, betont Hütz-Adams. “Diese Leitprinzipien waren die Blaupause für die Gesetzgebungsprozesse in Deutschland und Europa. Dass gerade europäische Regierungen diesen risikobasierten Ansatz nun infrage stellen, ist ein gefährliches Signal – auch international.”
Appell an die politischen Verantwortungsträger
SÜDWIND fordert die europäischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf, im anstehenden Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament zur ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzes zurückzukehren.
“Jetzt ist der Moment, um Haltung zu zeigen”, appelliert Hütz-Adams. “Statt das Gesetz weiter zu entkernen, braucht es eine Rückbesinnung auf den risikobasierten Ansatz der Vereinten Nationen. Nur so können Menschenrechtsverletzungen effektiv verhindert werden.” Bleibt eine solche Korrektur im Trilog aus, droht ein gravierender Rückschritt: “Dann stehen wir wieder am Anfang – und werden wiederum erkennen müssen, dass zu wenige Unternehmen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten freiwillig erfüllen”, so Hütz-Adams.







