Schülerwettbewerb 2023
PhilosophieArena
Linus Schaller

 

Um die Frage ob der Mensch Arbeit braucht zu beantworten, muss man zuerst klar definieren, was man unter “Arbeit” und unter “brauchen” versteht. Meiner Meinung nach gibt es zwei Hauptweisen wie man Arbeit definieren kann:

Definieren wir Arbeit als den Job, den fast jeder Mensch verrichtet, dann kann man die Frage, ob der Mensch Arbeit braucht, mit Ja beantworten. Jeder Mensch, der in einer Gesellschaft lebt, muss in irgendeiner Form Arbeit verrichten, würde er das nicht tun bekäme er nicht das, was er braucht, um zu leben. Dabei ist es auch egal, ob wir von der Gesellschaftsform in Deutschland reden, egal auf welchen Ort auf der Welt und auf welchen Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit wir uns beziehen, jeder Mensch muss ab einem gewissen Alter Arbeit verrichten, um in einer Gesellschaft überleben zu können, da es sich sonst für diese nicht mehr rentieren würde, diesen Menschen zu versorgen.

Natürlich gibt es in unserer heutigen Gesellschaft in Deutschland soziale Maßnahmen, wie das Arbeitslosen Geld, allerdings soll dieses nicht dazu dienen, einen Menschen, der nicht arbeitet, kostenfrei zu versorgen, sondern es soll diesem lediglich helfen über die Zeit zu kommen bis er einen neuen Job findet. Ähnliches gilt für das Asyl Geld, nur, dass dabei zudem noch auf die Eingliederung in die hiesige Gesellschaft geschaut werden soll.

Definieren wir Arbeit jedoch als jegliche Tätigkeiten, auch die, die ein Mensch in seiner Freizeit verrichtet, bei denen man am Ende ein Produkt sieht (dieses Produkt muss nicht physisch sein, es kann auch digital oder ein bloßer Status sein), dann ist die Frage, ob der Mensch Arbeit braucht deutlich komplizierter zu beantworten.

Ich werde diese beiden Arten der Arbeit von nun an als “Job-Arbeit” und “Freizeit Arbeit” bezeichnen.

Der Mensch muss keine Freizeit-Arbeit verrichten um zu überleben. Einer der Gründe warum Menschen Freizeit-Arbeit tätigen ist, weil sie neben ihrem Job noch mehr Geld verdienen wollen. Manche Leute wollen dies einfach, weil sie ihren Lebensstandard anheben möchten.

Andere Menschen müssen jedoch neben ihrem Hauptjob noch mehr arbeiten, da sie sonst nicht genug Geld verdienen würden, um sich selbst und oder ihre Familie zu versorgen. Was diese Menschen tun, sehe ich allerdings weniger als Freizeit-Arbeit und mehr als Job-Arbeit an, da sie nicht die Wahl haben, ob sie diese Arbeit verrichten wollen oder nicht, es handelt sich um eine Aufgabe, die erfüllt werden muss, also eine Pflicht, weshalb ich den Begriff Freizeit eher unpassend finde.

Allerdings bringt einem nicht jede Freizeit-Arbeit Geld ein. Warum arbeiten wir Menschen dann in unserer Freizeit? Man kann diese Frage auf viele Weisen beantworten. Vielleicht arbeiten wir auf einen Job hin, der uns mehr Geld und somit einen höheren Lebensstandard verspricht, oder uns mehr interessiert und somit mehr Spaß macht, als unser aktueller und jeder uns im Moment zur Verfügung stehende Job. Vielleicht erwarten wir von dem Produkt, an dem wir arbeiten, wirtschaftlichen Erfolg. Vielleicht arbeiten wir an etwas, von dessen Nutzung wir uns Freude versprechen. Oder vielleicht suchen wir auch einfach nur nach dem Gefühl von Stolz, was wir verspüren, wenn wir etwas erschaffen haben. Die Freude die wir verspüren, wenn wir etwas erschaffen haben, auf das wir stolz sind, ist ein sehr besonderes Gefühl, was sich nicht einfach durch das Verdienen von Geld und das Kaufen von Produkten mit diesem Geld imitieren lässt. Zwar gehört das Geld oder das Objekt dann uns und wir können sowohl an dem Akt des Geldverdienens, als auch an der Verwendung der Gegenstände, welche wir kaufen, Freude finden, allerdings existieren diese Gegenstände nicht wegen uns oder unseren Entscheidungen, sie wurden uns von anderen übergeben. Auch wenn man man eine spezielle Anfertigung anfordert gibt es uns nicht eben dieses Gefühl das Stolzes, da das Produkt zwar ohne uns nicht existieren würde, wir es aber trotzdem nicht geschaffen haben. Erschaffen wir jedoch ein Produkt selbst, dann können wir uns nicht nur an dem Produkt oder seinem Wert erfreuen, sondern auch an dem Gedanken, dass jenes Produkt ohne unsere Arbeit nicht existieren würde.

Viele Leute verüben Freizeit-Arbeit auf der Suche nach dem Gefühl des Stolzes etwas erschaffen zu haben, was darauf hindeuten könnte, dass viele Menschen dieses Gefühl in ihrem Arbeitsleben nicht oder nur selten verspüren. Woran könnte das liegen?

Vielleicht liegt es daran, dass wir als Angestellte von anderen zwar selbst etwas erschaffen haben, aber uns genau vorgeschrieben wurde was wir erschaffen und wie wir es erschaffen sollen. Auch ist in den meisten Fällen nicht klar, ob das Produkt ohne uns nicht existiert hätte, da ein Vorgesetzter auch einfach jemand anderen dafür hätte einstellen können und das wahrscheinlich getan hätte, wenn wir diese Arbeit nicht geleistet hätten. Dieser Grund für das Fehlen des Gefühls des Stolzes kann man jedoch nicht einfach so auf Arbeitgeber beziehungsweise oberste Vorgesetzte übertragen, da diese mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass die Produkte überhaupt erschaffen werden und sie auch häufig diejenigen sind, die Arbeit aufgewendet haben, um den Betrieb selbst zu erschaffen. Allerdings könnte für diese Menschen, sobald sie schon der Chef ihres eigenen Betriebs sind und dieser ein gewisses Level an Erfolg erreicht hat, das Gefühl das Stolzes verschwinden. Sie sind zwar immer noch diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass diese Produkte überhaupt erstellt werden, aber sie sind nicht mehr für die direkte Produktion, also das direkte Erschaffen zuständig. Wie schon vorher erwähnt, gibt uns das in Auftrag geben einer Produktion nicht dasselbe Gefühl, wie das Erschaffen eines Produktes, auch wenn der Firmenleiter in diesem Fall gleichzeitig derjenige ist, der die Produktion ermöglicht.

Anders als es der Text bisher vielleicht vermuten lässt, muss man auch nicht der einzige sein, der an einem bestimmten Produkt arbeitet, um das Gefühl des Stolzes für dieses Produkt zu verspüren. Man kann es auch mit einem Zweiten oder als Teil einer ganzen Gruppe herstellen, um das Gefühl das Stolzes zu verspüren. Wenn man mit anderen Leuten zusammen einen Film dreht, oder ein Spiel erstellt, oder eine Firma gründet, macht das ja nicht allen Stolz, den man für das Endprodukt verspürt zunichte. Wesentlich für das Stolz-Gefühl ist nur, dass man einen erkennbaren und wichtigen Teil ergänzt hat, ohne den das Produkt nicht komplett wäre.

Um also das Gefühl das Stolzes etwas erschaffen zu haben zu verspüren, müssen wir sowohl zu einem großen Ausmaß an der Produktion eines Produkts beteiligt sein, als auch zu einem eben so großen Anteil daran, dass es überhaupt produziert wird, verantwortlich sein. Aus eben diesem Grund, wollen sich so viele Leute selbständig machen. Es würde sie in eine Postion bringen, in denen sie beide Anforderungen, sowohl die Verantwortlichkeit für die Herstellung, als auch die Beteiligung an der tatsächlichen Herstellung, erfüllen.

Ironischerweise verrichten jene Leute, die sich selbständig machen wollen, um eben dieses zu tun, neben ihrer Haupttätigkeit (Beruf, Schule, Studium, etc.), Freizeit-Arbeit, die ihnen genau dieses Gefühl das Stolzes gibt, nach dem sie ja eigentlich noch zu streben glauben. Ob nun bewusst oder unbewusst, auch der Wunsch danach einen Beruf, der einem dasselbe Gefühl des Stolzes gibt wie die Freizeit-Arbeit, zu seinem Hauptberuf zu machen, kann ein Grund für die Freizeit-Arbeit sein. Allerdings kann einen das Streben nach der Selbständigkeit und nach dem was in gewisser Weise die hauptberufliche Freizeit-Arbeit ist, auch wieder an einen ähnlichen Punkt zurückbringen, sollte die selbständige Arbeit zu einem Betrieb heranwachsen, da wir uns dann in der schon vorher erwähnten Situation eines Firmenchefs befinden würden, der zwar noch immer für die Produktion seiner eigenen Produkte verantwortlich ist, sich jedoch wahrscheinlich nur noch mit der Organisation und Instandhaltung des Betriebes befassen kann und nicht mehr an dem tatsächlichen Herstellen der Produkte beteiligt ist. Allerdings trifft das natürlich nur zu, wenn man aus seinem selbstständigen Job einen Betrieb macht, was für einige Berufe, wie den eines Autors, nicht nötig ist.

Aber warum suchen wir überhaupt nach diesem Gefühl des Stolzes etwas erschaffen zu haben? Warum geben wir uns nicht mit anderen Formen des Glücks zufrieden? Warum fühlt sich vor allem der Stolz so gut an? Man würde denken, dass ein Mensch der mit genug Geld, um sich alles was er sich wünscht kaufen zu können, mit familiärer Liebe, vielen Freunden und Gesundheit gesegnet ist, sich für den Rest seines Leben einfach nur entspannen könnte und glücklich wäre, aber das ist nicht so.

Es ist nichts falsch daran mal ein paar Tage nichts zu tun und dass Leben einfach nur zu genießen, aber nach längerer Zeit, suchen wir nach wieder nach einem Ziel, nach etwas Erstrebenswertem, nach dem Stolz, den wir verspüren, wenn es uns gelingt dieses Ziel zu erreichen.

Aber warum sind wir so extrem auf Stolz aus? Es gibt viele Arten des Glücks und kaum ein Mensch wird sie alle erleben, aber trotzdem können wir unser Leben und unser Glück genießen, ohne diese Arten des Glücks, aber nicht ohne den Stolz, zumindest nicht für längere Zeit.

Zwar trifft das in unserer heutigen Welt nicht auf alle zu, aber die meisten Menschen können nicht den ganzen Tag nur Spaß haben, sondern sie müssen etwas erreichen, um zu überleben. Leider ist es anstrengend und unattraktiv zu arbeiten. Um uns aber trotzdem zum Arbeiten zu bringen, lässt uns unser Körper Stolz verspüren, sobald wir etwas für uns Wichtiges erreicht haben. Der Grund warum der Stolz für uns als erstrebenswerter als viele anderen Formen des Glücks erscheint, ist also, dass unser Körper uns mit Stolz dazu bringen will, die für uns häufig lebenswichtige Arbeit zu verrichten.

Nun nochmal zurück zu der am Anfang gestellten Frage: Braucht der Mensch Arbeit?

Jeder Mensch muss Job-Arbeit verrichten, damit er sich für die Gesellschaftsstruktur rentiert, in der er lebt, egal um welche Gesellschaftsform es sich handelt. Jeder Mensch, der Zeit dafür hat, wird allerdings auch von der Freizeit-Arbeit angezogen, da sie uns den Stolz verspüren lässt, der für unsere geistige Gesundheit sehr wichtig ist.

 

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