Prof. Dr. Stephan Grüninger, geboren 1969, ist wissenschaftlicher Direktor des Konstanz Institut für Corporate Governance, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik und Professor für Managerial Economics an der HTWG Konstanz.

Prof. Grüninger ist Gesprächspartner im Workshop “Interne Compliance-Kommunikation” auf dem 3. Deutschen CSR-Kommunikationskongress.

Im Unterschied zur reinen “legal” Compliance sprechen Sie sich für einen werteorientierten Compliance-Ansatz aus. Wo liegen die wesentlichen Unterschiede?

Die “Legal Compliance” fokussiert darauf, was verboten ist und entwickelt Maßnahmen, um Entscheidungen und Verhalten zu kontrollieren. Wertemanagement bedeutet demgegenüber, sich über die Grundwerte eines Unternehmens klar zu werden – sich also über die Art und Weise klar zu werden, wie man Geschäfte betreiben möchte. Konkret stellt sich die Frage: Welche Mittel sind erwünscht und erlaubt? In einem ernsthaften Prozess der Wertevermittlung und Kodifizierung wird man feststellen, dass es zu Wertekonflikten kommt. Das Management dieser Wertekonflikte ist der entscheidende Punkt. Vereinfacht könnte man sagen: Legal Compliance + Wertemanagement = werteorientierter Compliance-Ansatz.

 

Welche Rolle nimmt die Kommunikation im Rahmen des Compliance-Managements ein?

Natürlich eine ganz entscheidende! Compliance ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Nach außen – vor allem aber nach innen. Hier stellen sich viele Fragen: Welche Regeln und Richtlinien gibt es intern? Wie sind diese in der Praxis auszulegen? Welche Ziele werden mit Compliance angestrebt? Welche Themen sind überhaupt in das CMS inkludiert (Anti-Bribery & Corruption, Anti-Trust, Money Laundering, Social Compliance & Human Rights, Embargo &Sanctions, etc. etc.)? Wer im Unternehmen und bei den primären Stakeholdern ist von welchen Regelungen wie betroffen?

Diese und viele weitere Fragen müssen von der Unternehmensleitung entschieden und von der Compliance-Abteilung kommuniziert werden, damit Compliance erfolgreich sein kann. Die Führungskräfte der Linie treffen die operativen Entscheidungen, mit denen Compliance-Risken einhergehen. Darum müssen diese auch fit gemacht werden, das heißt sprechfähig werden zum Thema und entscheidungsfähig werden mit Blick auf die konfliktträchtigen Situationen des Geschäftsalltags. Das gelingt nach meiner Erfahrung nur, wenn hochwertige Management Development-Programme entwickelt und umgesetzt werden, bei denen die Manager lernen, worum es bei Compliance geht, worauf es praktisch bei der Implementierung eines CMS ankommt und insbesondere wie man mit ethischen Dilemmata und Compliance-Konflikten umgehen kann.

 

Wo liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Compliance- und CSR-Kommunikation?

Empirisch muss man feststellen, dass gerne über CSR und weniger gerne über Compliance gesprochen wird. Compliance ist verbindlich, denn es drohen ggf. Strafen. Mit CSR kann man Corporate Marketing betreiben. Mit dem Slogan „Wir begehen keine Straftaten!“ wird man wenig positive Publicity erzeugen können – mit einer Geschichte über die Segnungen des neuen Betriebskindergartens dagegen schon. Aber Vorsicht: die aktuellen Entwicklungen scheinen mir zunehmend für eine Konvergenz der Themen CSR und Compliance zu sprechen: CSR wird verbindlicher. Viele neue Regulierungen sprechen hier eine eindeutige Sprache. Vor einigen Jahren und in manchen Unternehmen bis heute war das Thema CSR ausschließlich in der Kommunikationsabteilung angesiedelt. Einzelthemen aus der CSR sind nun aber abgewandert in die Rechts- bzw. Compliance-Abteilung, so z.B. der Bereich Social Compliance & Human Rights. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.

 

 

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