Herr Pieck, welche wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung sehen Sie in Kleinstunternehmen für die Region Bonn/Rhein-Sieg?
Der IHK-Bezirk Bonn/Rhein-Sieg zeichnet sich durch eine Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmen aus, da der Dienstleistungssektor rund 90 Prozent der Unternehmen umfasst und neben einigen wenigen Großen (Telekom, Deutsche Post DHL) der (industrielle) Mittelstand weitgehend fehlt. Schon deshalb haben Kleinstunternehmen eine große wirtschaftliche Bedeutung und durch ihre regionale Verankerung eine große gesellschaftliche Bedeutung.
Sie sind im Bereich CSR seit einigen Jahren mit der IHK Bonn/Rhein-Sieg aktiv. Welche Resonanz erfahren Sie mit CSR bei Kleinstunternehmen?
Die Resonanz nimmt ständig zu, wobei CSR bei vielen Kleinstunternehmen doch erläuterungsbedürftig ist. Viele engagieren sich auf einzelnen Handlungsfeldern, verstehen dieses gesellschaftliche Engagement aber nicht als CSR oder verknüpfen es auch nicht mit ihrer Unternehmensstrategie oder ihren Unternehmenszielen.
Können Sie anhand von ein oder zwei praktischen Beispielen aufzeigen, wie Kleinstunternehmen in Ihrer Region CSR im Kerngeschäft umsetzen?
Eine Immobilienmaklerin hat schon bei ihrer Gründung das Thema CSR berücksichtigt, indem sie etwa Wohnungen und Immobilien für gemeinnützige Organisationen oder Menschen mit Handicaps vermittelt hat. Das sind für viele Immobilienunternehmen nicht immer Premium-Kunden, aber so hat die ehemals Solo-Selbstständige ein Alleinstellungsmerkmal, durch das ihr Unternehmen wächst und wächst.
Ein Cateringunternehmen engagiert sich für Menschen mit Fluchthintergrund und schwer vermittelbaren Jugendlichen und wird so attraktiv für in der Branche nur schwer zu findende Fachkräfte. CSR-Engagement sorgt so für engagierte Auszubildende, die im Unternehmen eine zweite Heimat finden. Engagierte Mitarbeiter versprechen aber auch wirtschaftlichen Erfolg und in der Gastronomie- und Cateringbranche ist der persönliche Einsatz angesichts nicht einfacher Arbeitszeiten etwas unheimlich Wertvolles.
Welche Erfolgsfaktoren können Sie Initiativen im Bereich der Wirtschaftsförderung mitgeben, um Kleinstunternehmen für CSR zu gewinnen?
Wichtig sind positive Erfolgsbeispiele, die auch den wirtschaftlichen Nutzen des CSR-Engagements unterstreichen. Nur der Business-Case überzeugt andere Unternehmen, sonst ist es kein CSR, sondern Sponsoring oder Mäzenatentum – ohne das abwerten zu wollen.
Wie sehen Ihre Ideen und Formate aus, um auch in Zukunft Kleinstunternehmen für das globale und komplexe Themenfeld CSR zu qualifizieren?
Wir wollen mit unseren etablierten Veranstaltungsformaten – Informations- und Kooperationsveranstaltungen, Freitagswerkstätten und Workshops, CSR-Frühstück – weitere KMU erreichen, wobei wir zusätzliche Schwerpunkte schon im Gründungsbereich sehen. Schon vor oder bei der Gründung kann oder sollte das Thema CSR angesprochen werden. Mit unseren CSR-Botschafter/innen gelingt eine direkte Ansprache von Unternehmerinnen und Unternehmern; so wird unser Netzwerk weiter gesponnen.
Dankeschön, Herr Pieck
Das Interview führte Wolfgang Keck
Michael Pieck
Michael Pieck ist seit Januar 2004 Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg und dort unter anderem auch für das Thema CSR – Corporate Social Responsibility zuständig. Er leitet seit Januar 2016 das CSR-Kompetenzzentrum Rheinland (www.csr-kompetenzzentrum.de), das bei der IHK angesiedelt ist und kleine und mittelständische Unternehmen sensibilisieren und informieren soll. Pieck studierte von 1985 bis 1993 Neuere Geschichte, Politische Wissenschaften und Geographie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Danach folgten ein Volontariat bei der Aachener Zeitung sowie berufliche Stationen bei Medien und einer Unternehmensberatung. Sein persönliches CSR-Projekt ist der Bonner SC.