Daniel Thiemann, Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM), untersucht Ursachen von Technostress und wie er zu bewältigen ist. Thiemann greift das Thema aus verschiedenen Perspektiven auf: Er setzt sich mit der Rolle des Führungsstils am Arbeitsplatz auseinander und damit, welche Maßnahmen Mitarbeiter zum Selbstschutz ergreifen können.

Stress durch Technologien kann direkt, z. B. wegen Funktionsstörungen, oder indirekt verursacht sein, etwa durch damit verbundene Ängste. Neue Programme, Plattformen und Geräte versprechen oft zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise flexiblere und kürzere Abläufe innerhalb des Teams. Doch das kann sich ins Negative verkehren, wenn dadurch die Dichte der Arbeitsprozesse und Informationen so erhöht wird, dass der Handlungsdruck steigt und notwendige Pausen abnehmen.

Erste Anzeichen für Technostress bei Mitarbeitenden können nach Professor Dr. Thiemann sein: Überforderungen bei der Anwendung genutzter Technologien, Probleme, die höhere Informationsmenge über verschiedene Kanäle zu bewältigen und Mehrarbeit außerhalb der Bürozeiten speziell auf digitalen Kanälen.

“Führungskräfte und Mitarbeiter sind hier gemeinsam gefragt, um gegenzusteuern,” fügt der ISM-Professor hinzu. Chefs müssen mit technischen Neuerungen Schritt halten, Arbeitsverdichtung für ihre Mitarbeiter und für sich selbst regulieren und reflektieren, welche Ursachen für Stress vermeidbar sind. “So nutzt es etwa wenig, Erholungszeiten vorzugeben, wenn der Alltagsdruck dazu führt, nach Büroschluss doch wieder zum Laptop zu greifen. Führungskräfte können hier richtungsweisend sein,” sagt Thiemann, “etwa indem sie Arbeitszeiten klar von der Privatzeit trennen”.

In Thiemanns Studien zeigte sich unter anderem: “Mitarbeiterorientierte Führungsstile, die darauf ausgelegt sind, Kollegen individuell zu unterstützen und sie in ihren Kompetenzen zu stärken, können Technostress deutlich vermindern.” Umgekehrt könne eine starke Neigung zu Kontrolle und Sanktionen im Kontext der Technologienutzung Stress verstärken. Thiemann empfiehlt deshalb, neue Hilfsmittel in der Arbeitswelt so einzusetzen, “dass Mitarbeiter befähigt werden, selbstorganisiert mit den Technologien zu arbeiten. Das ist dann ein essenzieller Bestandteil zur Vermeidung von Technostress”, betont Thiemann. Arbeitsweise, Technologie oder Kommunikationsform müssten sich auch danach richten, wie komplex die Inhalte sind. “Will eine Führungskraft ihr Führungsverhalten auf den digitalen Raum übertragen, muss man Rücksicht auf die Grenzen der neuen Technologien nehmen,” verdeutlicht Thiemann. Nicht alles passt für jeden Anlass.

Wird dies bedacht, kann bei der Technologienutzung auch “Eustress”, entstehen, was positive Motivationspotenziale freisetzen kann. “Wenn Mitarbeiter das Gefühl bekommen, anspruchsvolle Technologien gut zu beherrschen, steht das positive Erlebnis bei der Bewältigung der Herausforderung sogar im Vordergrund. In diese Richtung gilt es, die Kompetenzen und die Selbstwirksamkeit bei Mitarbeitenden zu fördern.”

Weitere Entwicklungen hierzu thematisiert die nächste Fachkonferenz der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie vom 22.bis 24. Februar 2024 unter dem Titel: “Auf dem Weg ins “New Normal” – Wirtschaftspsychologische Gestaltungsansätze für eine moderne Arbeitswelt”.

“Ich freue mich besonders, diese etablierte Tagung für die ISM und für den Standort Köln gewonnen zu haben”, fügt Konferenzleiter Thiemann hinzu.

 

Anmeldungen, Einreichung der Fachbeiträge und weitere Informationen dazu: https://event.ism.de/fachtagung-gwps-2024

 

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