Eine globale Pandemie stellt Unternehmen sowie die Gesamtwirtschaft momentan vor ungeahnte Herausforderungen und erschwert sowohl das Tagesgeschäft als auch eine strategische Planung. Uns interessiert dabei die folgende Fragestellung: Wie verändert sich in diesen Zeiten der Unsicherheit die Bedeutung von Verantwortung und CSR in Unternehmen? Zu diesem Thema haben wir “5 Fragen an…” Eva-Maria Kirschsieper.

 

(1) Was machen Sie zurzeit beruflich? Welche Themen, mit denen Sie sich beschäftigen, sehen Sie besonders von der Pandemie betroffen?

Eva-Maria Kirschsieper: Als Public Policy Director Sustainability für EMEA bei Meta treibe ich seit über einem Jahr sämtliche Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmen und im Dialog mit Dritten voran. Es ist mir eine absolute Herzensangelegenheit, dass wir als Unternehmen einerseits einen positiven Beitrag leisten und andererseits unsere Nutzer*innen dazu motivieren, sich für eine nachhaltige Welt einzusetzen. Als Unternehmen sind wir bereits weit gekommen: Wir nutzen für unsere weltweiten Tätigkeiten schon heute zu 100 Prozent erneuerbare Energien und investieren in nachhaltige Rechenzentren. Wir haben aber auch noch Großes vor und wollen dabei ein Beispiel für andere sein. Bis 2030 wollen wir Netto-Null-Emissionen für unsere gesamte Wertschöpfungskette erreichen und außerdem wasserpositiv sein – also der Umwelt mehr Wasser zurückgeben, als wir für unsere weltweiten Betriebe verbrauchen.

In meiner Verantwortung unterstützen wir auch kleine und mittlere Unternehmen. Gerade sie waren und sind stark von der Pandemie betroffen. Umso wichtiger ist es Ihnen eine Plattform zu geben und unsere Unterstützungsangebote für sie auszubauen. So unterstützen wir sie beispielsweise dabei, nachhaltige Produkte über unsere Plattformen erfolgreich zu bewerben und nachhaltigere, digitalisierte Geschäftsmodelle aufzubauen. Aber wir wissen auch, dass die vielen (auch kleine) Unternehmen gemeinsam viel bewirken können, wenn sie Ihren CO2-Fußabdruck reduzieren. Deshalb haben wir mit renommierten Partner*innen unter dem #GreenBoost Programm auch hierfür spezielle Informationsangebote erstellt, die den Mittelständler*innen dabei helfen sollen, klimafreundlicher zu werden.

 

(2) Wie änderte sich in den Zeiten der Pandemie, Ihrer Einschätzung nach, die Bedeutung von Unternehmensverantwortung und CSR?

Eva-Maria Kirschsieper: Die Pandemie verdeutlicht, wie globale Themen und auch Krisen an länderübergreifendem Einfluss gewinnen und uns alle vor neue Herausforderungen stellen. In unserer Zeit bedeutet verantwortungsvolle Unternehmensführung eben ganz klar und dringender den je, gesamtgesellschaftliches und soziopolitisches Engagement zu zeigen. Da gehört der Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz eindeutig dazu. Hier haben Plattformanbieter wie Meta eine spezielle Verantwortung, der ich in meiner Arbeit viel Zeit widme: Wir möchten dafür sorgen, dass Verbraucher*innen bei kontrovers und teilweise irreführend diskutierten Themen mit verlässlichen Informationen versorgt werden. Die Pandemie hat diese Verantwortung verdeutlicht. Wir als Unternehmen haben darauf reagiert und arbeiten seit geraumer Zeit mit der WHO zusammen, um Menschen aktuelle und verlässliche Information im COVID- Informationszentrum zum Thema Corona anzuzeigen. Analog dazu und mit dem Wissen um die Notwendigkeit der Bereitstellung von Fakten haben wir vor eineinhalb Jahren das Klima-Informationszentrum ins Leben gerufen. Damit wollen wir auch die Verbreitung von Falschinformationen rund um das Thema Klimawandel eindämmen und zu einer aufgeklärten Diskussion beitragen. In dem Zentrum können unsere Nutzer*innen Ressourcen weltweit führender Organisationen der Klimaforschung finden. Auf Facebook kennzeichnen wir Beiträge mit Bezug zum Klimawandel und verweisen die Menschen auf das Klima-Informationszentrum. Ich denke, dass dieses Engagement zeigt, wie vielfältig unsere Aufgaben geworden sind und dass gesellschaftliche Verantwortung ganz sicher globale Krisen berücksichtigen muss. 

 

(3) Wie hat die Pandemie aus Ihrer Sicht zu einer Verschiebung der gesellschaftlichen Priorisierung von Nachhaltigkeitsthemen beigetragen?

Eva-Maria Kirschsieper: Die Klimakrise wurde in den letzten zwei Jahren parallel zur Pandemie deutlich mehr und intensiver diskutiert. Durch die Entschleunigung des Alltags beschäftigen sich Verbraucher*innen aktiver und bewusster mit ihrem Konsum. Dies wissen wir zum Beispiel dank unserer Climate Conversation Map, die wir gemeinsam mit dem World Resources Institute und einem Programm der Yale Universität zur Verfügung stellen. Die Karte nutzt aggregierte, anonymisierte Plattformdaten, um die Klimadebatte zu veranschaulichen und in einen geografischen Kontext zu setzen. 

Aber egal ob mit oder ohne Pandemie: Die Klimakrise ist real – und viele von uns spüren sie am eigenen Leib. Die Erinnerungen an die unglaubliche Wucht der Flut im Ahrtal und auch die Hitzewellen in den letzten Sommern sind den meisten von uns vermutlich noch präsent. Ich denke, dass immer mehr Menschen durch eigene Erfahrungen verstehen, dass es in Politik und Gesellschaft mehrere Prioritäten gleichzeitig geben muss. 

 

(4) Denken Sie, dass die Corona-Krise einen Anstoß zur Diskussion einer grundsätzlichen Neukonzeption der Art, wie wir zukünftig wirtschaften möchten, darstellt?

Eva-Maria Kirschsieper: Definitiv! Viele Unternehmen haben sich in der Krise neu aufgestellt. Etwa durch die Reduktion von Büroplätzen durch das etablierte Arbeiten von zu Hause aus. Auch die Erkenntnis, dass der globale Handel, insbesondere der Zugang zu Ressourcen und das Einhalten von Lieferfristen, nicht mehr zwangsläufig gewährleistet werden kann, hat viele Unternehmer*innen dazu gezwungen umzudenken. Nicht selten ist damit die Neuaufstellung des Geschäftsmodells einhergegangen. Der Fokus liegt stärker auf lokalen und nachhaltigeren Waren und Gütern. Grundsätzlich finde ich aber, den CO2 Fußabdruck runterzufahren muss zum Selbstverständnis der Wirtschaft gehören. Das darf eigentlich keine Frage mehr sein. Im Gegenteil: Für einen grundlegenden Wandel hin zu einer nachhaltigeren Welt müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft meiner Meinung nach noch deutlich weiter gehen. 

 

(5) Stichwort “The New Normal”: Welche aus der Pandemie entstandenen Potentiale sollten künftig beibehalten werden und was wünschen Sie sich aus der Zeit vor der Krise zurück?

Eva-Maria Kirschsieper: Für den Planeten wäre es sicher gut, wenn wir einige der nachhaltigen Entwicklungen der Pandemie in Zukunft halten könnten – zum Beispiel die großen CO2-Einsparungen durch weniger Flugverkehr. Trotzdem gehe ich davon aus, dass die Menschen für ihre Reisen doch wieder öfter ins Flugzeug steigen werden. Größeres Potential sehe ich hingegen im reduzierten Pendeln, was ebenfalls für signifikante Emissionen verantwortlich ist. Viele Menschen haben sich an die Vorteile des Arbeitens von zu Hause gewöhnt. Ich persönlichen würde mir wünschen, dass wir uns wieder deutlich häufiger und persönlich im Büro treffen – bei Anfahrten jedoch möglichst auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zurückgreifen. Gerade in Städten ist dies für die meisten Menschen möglich und ich glaube, wir werden das auch nach der Pandemie beibehalten. Nicht nur das: Wir sollten Mittel und Wege finden, den Menschen umweltfreundliche Mobilität zu erleichtern und zwar langfristig auch unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt wohnen.

 

Unternehmensverantwortung und CSR in der Krise – 5 Fragen an… ist eine Interviewreihe zum Thema Wirtschaftsethik in Krisenzeiten. Sie zeichnet sich besonders durch die Pluralität unserer Expert_innen aus. Die gesamte Reihe veröffentlichen wir fortlaufend im Dossier.

 

 

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