Eine globale Pandemie stellt Unternehmen sowie die Gesamtwirtschaft momentan vor ungeahnte Herausforderungen und erschwert sowohl das Tagesgeschäft als auch eine strategische Planung. Uns interessiert dabei die folgende Fragestellung: Wie verändert sich in diesen Zeiten der Unsicherheit die Bedeutung von Verantwortung und CSR in Unternehmen? Zu diesem Thema haben wir “5 Fragen an…” Olivia Henke.
(1) Was machen Sie zurzeit beruflich? Welche Themen, mit denen Sie sich beschäftigen, sehen Sie besonders von der Pandemie betroffen?
Olivia Henke: Ich arbeite seit 1.10.2020 als Vorständin bei der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima. Die Pandemie hat u.a. verdeutlicht, dass wir in einer global vernetzten Welt leben und die Auswirkungen des Virus rasant schnell die ganze Welt betrafen. Auch der Klimawandel hat weltweite Auswirkungen, die wir dingend bekämpfen müssen um die globale Erwärmung auf 1.5 Grad begrenzen. Der Klimawandel ist durch die Pandemie verstärkt in das Bewusstsein gerückt. Jedoch hat die Pandemie die weltweiten Bemühungen zur Umsetzung der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) eingeschränkt.
(2) Wie änderte sich in den Zeiten der Pandemie, Ihrer Einschätzung nach, die Bedeutung von Unternehmensverantwortung und CSR?
Olivia Henke: Unsere Verantwortung in den Industrieländern eine nachhaltige Produktion und eine Dekarbonisierung zeitnah zu realisieren, ist noch stärker verdeutlicht werden. Unternehmen kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da sie durch Ihr Handeln und ihre Weichenstellungen Richtung Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen.
(3) Wie hat die Pandemie aus Ihrer Sicht zu einer Verschiebung der gesellschaftlichen Priorisierung von Nachhaltigkeitsthemen beigetragen?
Olivia Henke: Viele Menschen haben begriffen, dass ein “weiter wie bisher” auf Dauer nicht möglich ist. Die Natur lässt sich vom Menschen nicht bezwingen, wie uns das Überspringen des Virus auf den Menschen gezeigt hat. Der Klimawandel kann eine noch viel gewaltsamere Kraft auf die Menschheit ausüben. Dies gilt es zu verhindern, indem wir den globalen Temperaturanstieg begrenzen. Dazu muss Nachhaltigkeit als Topthema bewertet werden und nicht nur wirtschaftliches Wachstum. Wenn weltweit alle Menschen so leben würden wie wir im globalen Norden, so wären die Ressourcen von drei Erden noch vor 2050 notwendig, um die Nachfrage nach Energie, Lebensmitteln und anderen Konsumgütern zu decken. Es ist leicht ausrechenbar, dass dies nicht möglich ist.
(4) Denken Sie, dass die Corona-Krise einen Anstoß zur Diskussion einer grundsätzlichen Neukonzeption der Art, wie wir zukünftig wirtschaften möchten, darstellt?
Olivia Henke: Ja, ich denke, dass dieser Anstoß bei vielen Menschen erreicht ist. Unsere Priorisierung muss jetzt rasch in Richtung einer Vermeidung und Reduzierung der CO2-Emissionen gehen. Noch unvermeidbare Emissionen müssen durch Klimaschutzprojekte kompensiert werden, um eine dekarbonisierte Gesellschaft zu erreichen.
(5) Stichwort “The New Normal”: Welche aus der Pandemie entstandenen Potentiale sollten künftig beibehalten werden und was wünschen Sie sich aus der Zeit vor der Krise zurück?
Olivia Henke: Ich denke, wir haben gelernt, welche massiven Auswirkungen die Pandemie auf unser aller Leben hat und auch noch haben wird. In vielen Ländern des globalen Südens sind noch kaum Impfstoffe angekommen – hier sind die Auswirkungen weiterhin massiv.
Wir im globalen Norden haben gelernt, dass nicht jede Dienstreise notwendig und sinnvoll ist – auch Videokonferenzen können einen Teil der Arbeit ausmachen und eine flexiblere Art zu arbeiten, ist auch m. E. sinnvoll und gehören in die heutige Zeit. Dennoch ersetzen diese nicht völlig die Freude an Austausch und Begegnung mit Menschen.